Magnificat

 

SWF II Magnificat-Besprechung, März 1994
Hans-Dieter Kronenberger

Das Magnificat, der Lobgesang Mariens aus dem Lukas-Evangelium, war Leitmotiv vom diesjährigen Aschermittwoch der Künstler im Trierer Dom-Museum. In einer Ausstellung wurden Bilder und Skulpturen gezeigt, die diesen Text reflektierten oder von ihm inspiriert waren. Wir berichteten.
Einen Monat später, am Sonntag, wurden hier zwei Vertonungen des Magnificat in einem Festkonzert im Trierer Dom vorgestellt, Werke aus verschiedenen Jahrhunderten. Besonders bemerkenswert dabei, die Uraufführung einer modernen Magnificat-Vertonung. Der Trierer Komponist Heinz Heckmann hatte den Auftrag speziell zu diesem Anlass und Datum erhalten. Rochus Groß wertete diese Uraufführung und dieses Konzert als ein musikalisches Ereignis besonderen Ranges.

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Ruhig, getragen, erwartungsvoll der Anfang der 16minütigen Komposition von Heinz Heckmann, aufgeführt vom Sinfonieorchester des Saarländischen Rundfunks, vom Trierer Domchor und dem Saarbrücker Madrigalchor unter der Leitung von Klaus Fischbach. Ruhige Einsätze, dann Steigerung zu polyphonem Fortissimo und der Wechsel von Chor und reinen Orchesterpartien sind charakteristisch für dieses erst in den letzten drei Monaten entstandenen Werkes des 61jährigen Trierer Komponisten.

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Spannungsbögen werden durch Steigerung geschaffen, dabei oft strapaziöse Tonhöhen erreicht. Vor allem bei den ersten Textpassagen, dem Gotteslob Marias.

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Später, wo der Text sich dem Irdischen zuwendet und dabei radikal sozialkritisch wird, differenziert Heckmann stärker, findet musikalische Entsprechungen für die antithetische Sprache, etwa, wenn es da heißt: Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Sprache und Aussage des Magnificat, sagt Heinz Heckmann, hätten in besonderer Weise anregend gewirkt. „Das hat mich ganz besonders gereizt, dieser Text. Mit den Mitteln unserer Zeit kann man das, glaube ich, noch viel besser darstellen als das bpsw. Bach gemacht hat. Bach hat es auf seine Art großartig gemacht, aber z.B. diese Deposuit-Stelle, das ist hochdramatisch, da geht es ganz turbulent zu, auch im Orchester bei mir.“ Mit dieser Komposition wollte Heckmann nach eigenem Bekunden aber kein avantgardistisches Experiment wagen. Es ist Kirchenmusik, betont er, vorgesehen für Pontifikalvespern etwa, vor ganz unterschiedlichem Publikum. Deshalb auch Rückgriffe auf Traditionelles, erklärt er. „Eine gewisse mittelalterliche Tonsprache wäre da angemessen, sodass ich also versucht habe, altkirchentonale Elemente mit der Moderne zu verbinden.“ Die hervorragenden Ensembles hatten am Sonntag offenbar kaum Mühe mit der Interpretation des noch druckfrischen Werkes. Dirigent Klaus Fischbach: „Heckmann versteht es, Neues mit Altem zu verbinden und vor allen Dingen auch etwas für die Emotionen des Sängers zu tun, d.h. auch das Gefühl kommt nicht zu kurz, also das, was der Chor eben gerne hat, wo man auch sagt: Ach, es ist schwer, manchmal, da ist es modern. Aber es klingt, es gefällt auch.“ Bei den rund 1000 Konzertbesuchern fand das Heckmann-Magnificat Anklang und erntete besonderen Beifall.

Abschließend bleibt festzuhalten: das Auftragswerk Heckmanns bleibt trotz seiner strengen Strukturiertheit und einer gewissen Sprödigkeit eine gediegene Arbeit. Sie könnte über solche Konzerte hinaus auch das Repertoire gut geschulter Kirchenchöre erweitern. Damit es ohne aufwendige Orchesterbegleitung Eingang in die Kirchenmusik findet, erarbeitet Heckmann eine Orgelfassung dieser Komposition.